Die Schaffung smarter Services mittels neuer digitaler Geschäftsmodelle gewinnt in unserer Wirtschaft deutlich an Priorität. Im Mittelpunkt der smarten Servicewelt steht das „Internet der Dinge“. Dieses basiert im Kern auf Systemen mit integrierten softwaretechnischen und elektronischen Komponenten sowie einer spezifischen Dateninfrastruktur als sogenanntes „cyberphysisches System“.
Alles wird mit allem vernetzt
Intelligente Sensoren und Smartphone Apps vernetzen nicht nur Produktionsanlagen in der Industrie, sondern auch die Alltagsgegenstände der Konsumenten immer stärker. Intelligente Technik führt auf diese Weise dazu, dass in der Konsequenz in Zukunft alles mit allem vernetzt sein wird.
Vernetzt werden Produktionsabläufe und Geschäftsprozesse mit Zulieferern, interne Kommunikation mit und unter den Mitarbeitern, Produkte und Dienstleistungen untereinander und mit Unternehmen, Geschäftspartnern und Kunden, externe Kommunikation mit den Kunden und auch Kommunikation der Kunden untereinander. Diese komplexe Vernetzung bedeutet eine immense Herausforderung für das Management von Daten im Sinne der viel zitierten Big Data.
Doch es geht zunehmend nicht mehr nur um die technischen Möglichkeiten der Digitalisierung von Produkten. Erfolg haben in Zukunft vor allem innovative smarte Services, die intelligente Technik mit Mehrwert für den Kunden und einem komfortablen Servicedesign verbinden.
Dauerhafte Beziehungen zu den Kunden
Für viele Unternehmen steht im Zuge der digitalen Transformation vor allem die Konzipierung intelligenter Technik im Fokus ihrer Anstrengungen. Schließlich will man sich im digitalen Wandel nicht abhängen lassen. Stolz präsentiert man daher die neuen Digitalprodukte mit einer perfektionierten intelligenten Technik. Vor allem deutsche Ingenieure konzentrieren sich auf diese Komponente des „Internet der Dinge“.
Erfolgversprechend ist aber nicht nur der Verkauf der neuen und vernetzten Produkte. Durch smarte Services wird es den Unternehmen vielmehr ermöglicht, in eine dauerhafte Beziehung mit den Kunden zu treten und auf diese Weise einen fortlaufenden Wertschöpfungsprozess in Gang zu setzen. Denn es können dem Kunden durch die intelligente Vernetzung immer wieder neue Zusatzdienste angeboten werden.
Eine servicezentrierte Perspektive entsteht
Produkte werden auf diese Weise nicht mehr nur durch eine digitalisierte Dienstleistung ergänzt. Vielmehr wird das Produkt selbst Bestandteil einer neuen und kontinuierlich erfolgenden smarten Serviceleistung. Integrierte Serviceleistungen begleiten ein Produkt in Zukunft lebenslang.
Damit ist wiederum eine ganz neue Sichtweise auf Wertschöpfungsprozesse in unserer Wirtschaft verbunden: Nicht mehr die materielle Technik, sondern die immaterielle Dienstleistung wird zum zentralen Wachstumstreiber der Erzielung von Wertschöpfung. Es entsteht mehr und mehr eine servicezentrierte Perspektive als Dreh- und Angelpunkt sämtlicher Wertschöpfungsprozesse.
Echter Mehrwert für den Kunden
Wirklich erfolgreiche Digitalprodukte müssen im Zeitalter des „Internet der Dinge“ dem Kunden vor allem einen echten Mehrwert bieten. Und dieser Mehrwert offeriert dem Kunden nicht neue, nun digitalisierte Produkte, sondern vielmehr verbesserte Serviceleistungen durch diese neuen digitalisierten Produkte.
Als Beispiel kann der bereits seit Jahrzehnten vielzitierte digitale Kühlschrank herangezogen werden. Niemand zahlt jedoch für einen intelligenten Kühlschrank, der lediglich meldet, dass die Milch oder die Butter ausgegangen ist. Smarte Produkte wie ein intelligenter Kühlschrank können in Zukunft als Bestandteil vom Smart Home nur dann wirklich erfolgreich werden, wenn sie für den Kunden nicht nur eine neuartige Technik, sondern auch eine Problemlösung im Sinne eines echten Mehrwerts bieten. Und die besteht im konkreten Fall darin, den intelligenten Kühlschrank mit einem leistungsfähigen Lieferservice zu verbinden.
Aus Big Data muss Smart Data werden
Diese verbesserten Serviceleistungen können wiederum nur dann effizient erbracht werden, wenn die mittlerweile zur Verfügung stehende Datenmenge (Big Data) transformiert und in strukturierte, intelligente Informationen (Smart Data) umgewandelt wird.
Denn es kommt nicht nur auf die Menge an Daten (Volume), auf die Schnelligkeit bei der Erfassung und Analyse der Daten (Velocity), auf die Richtigkeit bei der Zuordnung der Daten (Veracity) und auf die Varietät (Variety) der Daten an, sondern vor allem auf den Wert (Value) der Daten für die Konzipierung von smarten Services. Vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen ist dieser Wert, d.h. der smarte Inhalt von Daten das entscheidende Kriterium für eine kosteneffiziente Nutzung.
Leistungsfähige Service-Plattformen
Smart Data müssen wiederum auf leistungsfähigen Serviceplattformen bereitgestellt werden und kundenspezifische und vor allem kundenindividuelle Problemlösungen in Echtzeit zum mobilen Abruf von einer Vielzahl von Devices aus ermöglichen.
Denn der Kunde wird immer anspruchsvoller: Er erwartet von einem modernen Kundenservice heute vor allem Schnelligkeit, Mobilität, Flexibilität und Individualität. So will der Kunde beispielsweise seine Kühlschrankvorräte aufgrund eines Besuchs von Freunden spontan und flexibel von unterwegs aus per Smartphone App ändern.
Ein branchenübergreifendes Netzwerk von Akteuren entsteht
Die neuen Serviceplattformen können wiederum nur dann erfolgreich betrieben werden, wenn sie ein Netzwerk unterschiedlicher Akteure einbinden. Im konkreten Fall also zum Beispiel unterschiedliche Hersteller und Händler von Lebensmitteln und auf die Last Mile spezialisierten Logistikunternehmen mit ausgeprägter Same-Day-Delivery-Kompetenz.
Idealerweise gehören heute aber auch noch Spezialisten im Bereich der Kochkunst und Ernährungsberater sowie medizinische Dienste dazu. Denn die Verbindung vom Smart Home mit smarten Gesundheitsdienstleistungen bietet weitere Wachstumspotenziale im Markt des neuen „Internet der Dinge“.
IT-Spezialisten und Plattformbetreiber bilden einen zusätzlichen zentralen Schwerpunkt im beispielhaften Netzwerk smarter Services. Vor allem den Plattformbetreibern wird künftig eine Schlüsselstellung zugesprochen, da sie die Rolle von Intermediären zwischen Nachfrage und Angebot von Smart Services einnehmen und sich auf diese Weise den exklusiven Marktzugang und insbesondere auch die Kontrolle über die Schnittstelle zu Kunden sichern können.
Ein branchenübergreifendes Netzwerk von Akteuren bildet sich heraus. Es entsteht so ein integrierter Service in neuen Ökosystemen. In Zukunft entscheidet also nicht mehr die Kompetenz eines einzelnen Anbieters in abgegrenzten Märkten über den Erfolg, sondern die intelligente Verknüpfung der Fähigkeiten ganz unterschiedlicher Produzenten und Dienstleister, die es gemeinsam schaffen, dem Kunden einen höchstmöglichen Mehrwert zu bieten.
Komfortables Service-Design
Ein entscheidender Erfolgsfaktor für die neuen digitalisierten Produkte im Zeitalter des „Internet der Dinge“ ist außerdem ein komfortables Servicedesign. Denn die Kommunikation der Akteure auf den neuen integrierten Serviceplattformen muss für alle Beteiligten so einfach wie möglich gestaltet werden. Dies bedeutet konkret, dass die digitale Dienstleistungsschnittstelle konsequent aus der Sicht der Kunden und der beteiligten Netzwerkpartner heraus gestaltet werden muss. Einfachste Bedienung, unter Ausnutzung aller Möglichkeiten des virtuellen Kundenservice wie zum Beispiel integrierte Help- und SOS-Funktionen via Video und Videochat oder die Integration von Social Media zwecks Einbindung von Empfehlungen oder Feedbacks von Netzwerkpartnern, gehört immer selbstverständlicher dazu.
Customer Journey als Ausgangspunkt
Ausgangspunkt der Entwicklung eines smarten Service-Designs bildet die detaillierte Analyse der Customer Journey. Denn nur ein ganzheitliches Verständnis der gesamten Customer Journey ermöglicht es, die neuen smarten Services so zu gestalten, dass der Kunde an allen Touchpoints den geforderten Mehrwert tatsächlich wahrnimmt und durch entsprechende Gegenleistungen auch honoriert. Hierzu ist es erforderlich, dass die Perspektive des Kunden deutlich stärker als bisher einbezogen wird.
Das Zeitalter Service 4.0 beginnt
Wirtschaftlicher Erfolg mit dem „Internet der Dinge“ bedeutet also nicht mehr nur lediglich die Konzipierung einer intelligenten Technik im Sinne der vieldiskutierten Industrie 4.0. Erfolg haben in Zukunft Unternehmen, die intelligente Technik mit einem echten Mehrwert für den Kunden und einem komfortablen Service-Design im Sinne innovativer smarter Services anbieten. Eine service-dominante Logik unseres Wirtschaftsverständnisses bildet den gedanklichen Ausgangspunkt für die Erweiterung der bestehenden und für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle in der smarten Servicewelt von morgen. Auf dieser servicedominanten Logik aufbauend, gilt es, passende Partner für den Aufbau eines digitalen Netzwerkes zu finden und zu integrieren. Denn ein wirklich smarter Service kann nur in Netzwerken umgesetzt werden.
Nachholbedarf im Mittelstand
Bislang werden die Potenziale dieser neuen smarten Service Welt erst in Ansätzen ausgeschöpft. Vor allem mittelständische Unternehmen haben einen zum Teil noch immensen Nachholbedarf. Für diese Unternehmen geht es in Zukunft nicht mehr lediglich um verpasste Chancen im Digitalisierungsprozess, sondern um den Erhalt ihrer Existenzfähigkeit. Denn die Geschwindigkeit des digitalen Wandels nimmt immer mehr zu.
Unternehmen müssen sich jetzt in neuen digitalen Ökosystemen neu positionieren, um strategische Wettbewerbsvorteile in einer zunehmend digital vernetzten Servicewelt aufzubauen. Denn Wertschöpfung wird in Zukunft nicht mehr mit Produkten, sondern mit den smarten Services dieser Produkte erzielt.
Prof. Dr. Heike Simmet, Leiterin Labor Marketing und Multimedia (MuM), Hochschule Bremerhaven, Autorin, Speaker und Beraterin.
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