Das Problem mit den Mails
Es ist doch immer wieder dasselbe: Erholt kommt man aus dem Urlaub zurück und setzt sich voller Tatendrang zurück auf der Arbeit an den Computer, nur um dann von all den E-Mails überwältigt zu werden, die sich während der ganzen Zeit angestaut haben. Bevor man also überhaupt mit seiner normalen Arbeit anfangen kann, beginnt das große Sortieren.
Bestimmt 80% von den mindestens 4567 unbeantworteten Mails ist Spam. Weg damit. Jetzt geht es an den ganzen Rest. Der Großteil davon hat sich bereits erledigt und ist damit irrelevant geworden. Wenn auch dieser Teil dann endlich gelöscht ist, kann man sich schließlich mit den noch relevanten Nachrichten beschäftigen.
Zum Glück findet man heutzutage im Internet eine Menge Tipps für ein effektives Sortieren der E-Mail-Flut nach dem Urlaub. Das größte Tabu dabei: Einfach alle Nachrichten löschen.
Aber warum eigentlich nicht? Wie wäre es denn, wenn einfach alle E-Mails im Urlaub automatisch gelöscht werden würden? Wenn man am ersten Arbeitstag einmal zur Abwechslung von einem aufgeräumten Postfach begrüßt werden würde?
Der Traum vom leeren Postfach
Der Automobilhersteller Daimler hat diese Lösung bereits für sich entdeckt. Damit jeder Mitarbeiter in seinem Urlaub auch wirklich abschalten kann und bei seiner Rückkehr ins Büro nicht von dieser E-Mail-Flut überwältigt wird, gibt es bei Daimler die sogenannte „Mail on Holiday“.
„Es entsteht kein Mail-Stau in den Ferien. Wenn die Mitarbeiter wiederkommen, starten sie mit einem sauberen Schreibtisch. Das ist auch eine emotionale Entlastung. Niemand muss im Urlaub seine E-Mails lesen. Und bei der Rückkehr hat jeder ein leeres Postfach.“, erklärt Personalvorstand Wilfried Porth im Interview mit dem KarriereSPIEGEL.
Zuvor hatte Daimler in Zusammenarbeit mit der Universität Heidelberg insgesamt 6000 der Daimler-Beschäftigten zur Vereinbarkeit ihrer Arbeits- und Privatleben befragt. Dabei wurden Mitarbeiter jeder Ebene hinzugezogen, also sowohl einfache Angestellte als auch Führungskräfte. Daraus resultierte die „Mail on Holiday“-Regelung, mit der Daimler seinen Mitarbeitern aktive Unterstützung zur Erhaltung ihrer Work-Life-Balance bieten möchte.
Die Technik zur automatisierten Nachrichtenlöschung ist seit 2013 im E-Mail-System von Daimler hinterlegt und kann bei Bedarf mit wenigen Klicks aktiviert werden. Ob ein Mitarbeiter dieses Angebot auch tatsächlich nutzt, bleibt jedem selbst überlassen. Im Prinzip ist es aber jedem Mitarbeiter, egal auf welcher Ebene, erlaubt.
Ist das die Lösung?
Wie viele der Mitarbeiter tatsächlich von diesem Service Gebrauch machen, ist leider nicht bekannt. Personalvorstand Wilfried Porth will ihn jedenfalls nicht nutzen.
„Das würde nicht zu der Verantwortung passen, die ich als Vorstand trage.“
Und vielleicht liegt da auch der Haken an der ganzen Sache. Denn stellen wir uns einmal an die andere Seite der Leitung: „Danke für Ihre Mail, sie wurde gelöscht.“ – Was würden Sie davon halten?
Sie haben womöglich viel Zeit in diese Mail gesteckt, komplizierte Zusammenhänge dargestellt, mühevoll die richtigen Worte gewählt, Anhänge hinzugefügt – und dann wird Ihre ganze Arbeit gelöscht und Sie werden mit einer automatischen Antwort-Mail abgespeist. Das macht nicht unbedingt einen guten Eindruck.
Um dem Absender trotz der Löschung seiner Nachricht entgegenzukommen, bietet sich neben den beigeschickten Kontaktdaten eines Kollegen, an den sich der Adressat ersatzweise wenden kann, eine vorausplanbare, erneute Mail-Sendung an. Der Absender bekommt die automatische Antwort-Mail ebenso wie seine eigene Nachricht zurückgeschickt und hat dann die Möglichkeit, auf diese wiederum antworten, aber die Nachricht dieses Mal zeitverzögert verschicken zu lassen. So kommt die Nachricht an, sobald der Adressat wieder aus dem Urlaub zurück ist und die Nachricht nicht mehr gelöscht wird.
Und das geht sogar ohne großen Mehraufwand für den Absender. Und zwar wie folgt: Nachdem im Outlook-Programm die Antwort-Mail verfasst und bevor sie gesendet wurde, Können Sie im oberen Menü die Wichtigkeit der Nachricht einstellen. Klicken Sie in diesem Feld auf den kleinen Pfeil in der unteren, rechten Ecke.
Es öffnet sich ein Fenster, in dem Sie die zeitverzögerte Übermittlung aktivieren und das Empfangsdatum sowie die -uhrzeit einstellen können. Drücken Sie anschließend auf Senden. Die Mail wird bis zum eingestellten Übermittlungszeitpunkt in Ihrem Postausgang aufbewahrt, wo Sie immer noch die Möglichkeit haben, die Mail bereits früher abzuschicken.
Fazit
Die automatische Löschung der Mails stoppt nicht nur die Nachrichten-Flut nach dem Urlaub, sondern hindert den Arbeitnehmer auch daran, während seines Urlaubs berufliche E-Mails zu lesen und zu bearbeiten. Die „Mail on Holiday“ zwingt den Mitarbeiter so zum Abschalten.
Ob diese Lösung letztlich aber tatsächlich die versprochene Erholung bringt oder doch die Nervosität und die Angst davor steigert, während der eigenen Abwesenheit etwas zu verpassen, kommt immer auf den jeweiligen Mitarbeiter an. Während die absolute Löschung jeglicher Mails für den einen schon zu extrem ist, bietet die Lösung für den anderen die ideale Möglichkeit zum Abschalten.
Die „Mail on Holiday“-Regelung von Daimler ist freiwillig. Und das ist auch gut so. Denn heutzutage muss jeder Berufstätige für sich selbst entscheiden, wie dick er die Grenze zwischen Freizeit und Arbeit ziehen will. Wichtig ist nur, auch wirklich eine Grenze zu setzen.
Wertvolle Informationen. Sehr guter Artikel!
Die Löschung von eMails ist sicherlich die schlechteste aller Lösungen. Schliesslich steht vor meinem Briefkasten auch kein Schredder nur weil ich nicht da bin. Das ein Kunde sich darum kümmern soll wann ein Ansprechpartner erreicht werden kann zeigt ehr die Hilflosigkeit vieler Unternehmen zu diesem Thema.
Trotz allem ist die gestellte Frage mehr als berechtigt! Urlaub dient der Erholung des Mitarbeiters, aber das „Unternehmen“ läuft nun einmal weiter und steht seinen Kunden gegenüber in der Verantwortung den Betrieb, unabhängig von der Verfügbarkeit des einzelnen Mitarbeiters, entsprechend sicher zu stellen. Schliesslich kann es nicht das Problem des Kunden sein sich darum zu kümmern eMails zum passenden Zeitpunkt abzusenden.
Innovative Lösungen sind gefordert! Wir selbst haben mit unserem CRM „infra-struktur.de“ eine Lösung im Einsatz die eingehende eMails in der Abwesenheitszeit eines Mitarbeiters automatisch an seinen Vertreter übergibt und diese für den eigentlichen Empfänger als „erledigt“ markiert. Der Vertreter kann aber auch aus diesen eMails einzelne für den Kollegen wieder in den Status „zu bearbeiten“ setzen – so kommt der Mitarbeiter aus dem Urlaub zurück und braucht sich erst einmal nur um die eMails zu kümmern, die für ihn „zurück gelegt“ wurden und die eine Bearbeitung durch ihn erfordern. Später kann er, wenn er möchte, natürlich auch alle anderen eingegangenen eMails noch lesen und sogar die Antwort des Vertreters auf diese eMails mitlesen.
Damit sind alle Parteien bestens bedient:
Der Mitarbeiter, da er sich um seinen Posteingang nicht zu kümmern braucht
Der Vertreter, da er entsprechende eMails an den Urlauber zurück legen kann
Der Kunde, da sicher gestellt ist, dass sein Anliegen gesichtet und bearbeitet wird
Hi Felix,
so ähnlich haben wir das ebenfalls geregelt.
Der Abwesenheitsassistent hat natürlich dem Absender einen Kontakt für dringende Fälle nebst Email und Telefon zur Verfügung gestellt, denn auch wir möchten eine etwaige Bestellung oder Anfrage nicht verpassen.
Aber ALLE Email an die Kollegen zur Verteilen – inklusive aller Newsletter und Co – ist für uns keine Option gewesen.
Klar, die Regel des LÖSCHEN greift natürlich als letzte Regel, nachdem alle anderen Regeln den eMail-Eingang bereits „gereinigt“ haben.