Wer erinnert sich noch an das Arbeiten mit dem ersten Siebel-CRM-System? Ich persönlich denke dabei sofort an die Anwenderschulungen der ersten Software Releases, bei denen man idealerweise Grundkenntnisse in Datenbanken benötigte, nur um eine Suchanfrage starten zu können.

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Heutzutage sind diese Systeme schon etwas bedienfreundlicher geworden. Mit der Einführung von CRM-Systemen und deren rasche Verknüpfung mit internen ERP-Lösungen begann vor einigen Jahren schon die Digitalisierung der Vertriebskommunikations-und Auftragsprozesse. Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass der Vertrieb sich schon seit Anfang der 2000er-Jahre in einer konstanten Phase der fortschreitenden Digitalisierung befindet.

Nun sind es also nicht mehr die komplizierten CRM-Systeme, die uns das Leben schwer machen. Dafür haben wir jetzt ein anderes Problem. In den von uns immer wieder folgende Kernaussage: „Die gängigsten CRM-Lösungen unterscheiden sich nur marginal voneinander. Die Akzeptanz der Mitarbeiter ist der Schlüssel zum Erfolg!“

Das können auch die Unternehmen bestätigen, sie in der Vergangenheit schon mit zwei unterschiedlichen CRM-Systeme gearbeitet haben.

Was nutzt dem Unternehmen die Investition in die besten und gepflegten Customer-Relationship-Management-Systeme, wenn die Mitarbeiter letztlich nicht damit umgehen oder gar keinen persönlichen Nutzen darin erkennen können? Resultieren würden daraus letztlich nur unzufriedene Mitarbeiter, die das Gefühl haben, vom Unternehmen weder gehört noch verstanden zu werden.

Genau hier muss die Weiterentwicklung der Vertriebsteamdigitalisierung eingreifen. Dabei geht es vor allem um die Automatisierung und Nachbildung komplexer, direkter Kommunikationsprozesse mit dem Kunden und innerhalb der Sellingteams.

Zum besseren Verständnis nachfolgend zwei Beispiele klassischer, digital gesteuerter Vertriebsprozesse:

Der Lead-Nurturing-Prozess

  1. Von der Anfange zum qualifizierten Interessanten
  2. Vom qualifizierten Interessanten zur Kaufbereitschaft
  3. Vom kaufbereiten Interessanten zur Verkaufschance
  4. Von der Verkaufschance zum Abschluss

Der Lead-Nurturing-Prozess beschäftigt sich damit, dem Interessanten passend zur jeweiligen Phase, in der er sich befindet, relevante Informationen zu bieten und ihm so bei seiner Kaufentscheidung zu helfen. Damit ist der Lead-Nurturing-Prozess eine persönliche Alternative zum klassischen Newsletter-Marketing. Durch die Verfolgung des Interessanten beim Lead Nurturing kann ein digitales Profil des möglichen Kunden erstellt werden, da dieser mit jeder Interaktion mehr über sich preisgibt. So verrät er beispielsweise seine Interessen, seine bevorzugten Kommunikationskanäle, seine Kaufmotivation etc. Durch das Sammeln und Auswerten dieser Informationen kann der Interessant so persönlich wie möglich angesprochen werden, wodurch er schneller von der einen in die nächste Phase wandert.

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Für ein effektives Lead Nurturing braucht es unbedingt einen engen Austausch zwischen Marketing und Vertrieb. Beide Bereiche müssen in die Prozesse mit eingebundenen werden und transparente Einsicht in alle Informationen und erfolgten Schritte haben. Nur mithilfe einer abteilungsübergreifenden Zusammenarbeit kann das Lead Nurturing auch optimal funktionieren. Es zeigt sich also, dass es nicht reicht, sich allein auf Marketing-Strategie und Technik zu konzentrieren. Das Säulen-Prinzip mit isolierten Abteilungen funktioniert nicht mehr. Vielmehr muss ans einer einwandfreien internen Zusammenarbeit und Kommunikation gearbeitet werden.

Die Customer Journey

Awareness (Wahrnehmung): Der Interessant erkennt sein Problem oder sein Bedürfnis, ist auf die angebotenen Lösungen aufmerksam geworden und hat Interesse daran.

Consideration (Überlegung): Der Interessant denkt darüber nach, das Angebot anzunehmen. Er wägt ab, wie gut er damit sein Problem lösen oder sein Bedürfnis befriedigen kann.

Conversion (Konvertierung): Der Kunde kauft die Lösung und benutzt sie.

Retention (Erhalt): Der Kunde ist zufrieden oder sogar begeistert. Es folgen Anschlusskäufe.

Advocacy (Befürwortung): Der Kunde empfiehlt die Lösung seinem gesamten sozialen Umfeld.

Hierbei ist zu beachten, sass die Customer Journey immer kunden-und nicht produktbezogen ist. Außerdem sollte sie im besten Fall von dem Lead-Nurturing-Prozess begleitet werden beziehungsweise sollte sich das Lead Nurturing an den Phasen der Customer Journey orientieren.

Wer die Customer Journey seines Kunden kennt, kann seine Kommunikation daran anpassen und sich intern besser aufstellen. Gerade im Vertrieb geht die Kommunikation doch weit hinaus über den reinen Austausch von Dokumenten. Digitales Teamwork im Vertrieb braucht auch Informationszugriff in Echtzeit und geordnete Aktivitäten entlang des Sales Funnels.

Gerade dafür eignet sich e-Collaboration ideal und kann im Vertrieb eine starke Kundenbindung und Kundenzufriedenheit herstellen.

Für jeden gestandenen Vertriebsmitarbeiter ist diese Vorgehensweise eigentlich nichts Neues. Doch durch den digitalen Wandel ist mittlerweile auch der Kunde „gefährlicher“ geworden. Er informiert sich, vergleicht Angebote und recherchiert Bewertungen. Damit hat er ein großes Machtpotenzial gegenüber den Anbietern und scheut auch nicht davor zurück, dieses einzutesten.

Dass die Digitalisierung jeglicher Arbeitsschritte längst unvermeidbar ist, lässt sich auch anhand der Versicherungsbranche zeigen. Sie macht es vor und bietet Produkte bereits online an, verkauft sie und verarbeitet den gesamten Prozess auf digitaler Ebene. Zukünftig werden wir diesen Trend sicher auch in Teilbereichen des B2B-Geschäfts erleben.

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Der Kampf um die Aufmerksamkeit des Kunden hat erst begonnen!

Was an Kundenkontakt digitalisiert werden kann, wird auch digitalisiert. Das mag zwar für den Anfang einen nicht zu unterschätzenden Aufwand bedeuten, zahlt sich aber nach kurzer Eigenwöhnungsphase durch einfachere, schnellere und effektivere Prozessabläufe aus. Aus diesem Grund sollten sich auch die IT-Abteilungen darauf konzentrieren, besonders in der Collaboration den Anschluss nicht zu verlieren. Zu häufig berichten Unternehmen, die in der Digitalisierungsphase sind, dass sie die interne IT-Abteilung nicht unbedingt der Treiber innerhalb des Digitalisierungsprozesses war.

Die Unternehmen stellt dies automatisch vor die Aufgabe, die eigenen Mitarbeiter- unabhängig der Abteilung-stärker für Innovationen zu motivieren. Im besten Fall erfolgt sie Veränderung dann bottom-up und wird den Mitarbeitern nicht mehr vom Unternehmen aufgezwungen. Auf diese Weise muss sich die Führungsebene auch nicht mehr aufwändig um die Akzeptanz der Mitarbeiter bemühen.

Dann wie zuvor schon erwähnt, besteht die größte Herausforderung nicht in dem Wechsel zu einem besseren CRM-System, sondern darin, die Mitarbeiter mit ins Boot zu holen. Um ihnen die Angst vor der Veränderung zu nehmen, reicht es nicht, die bestehenden Prozesse nur zu digitalisieren- sie müssen komplett neu gedacht werden.

„Fortschritt besteht nicht in der Verbesserung dessen, was war, sondern in der Ausrichtung auf das, was sein wird.“ (Khalil Gibran)

Diese neu designten Prozesse müssen unbedingt von Flexibilität und Kulturwandel, also von einem nachhaltigen Veränderungsprozess flankiert werden. Viele Außendienstmitarbeiter haben schon heute auf allen Kanälen den direkten, digitalen Kontakt zum Backoffice. So können sie beispielsweise direkt vor Ort beim Kunden Aufträge für den Innendienst einstellen oder Lagerbestände abfragen.

Der größte Wandel wird in den Vertriebsabteilungen passieren, die das Management der Kundenbeziehungen bereits an andere Bereiche wie z.B. Marketing abgegeben haben. Diese Vertriebe müssen speziell darauf achten, beim Verkauf von vermeintlichen Standardprodukten aus der derzeitigen Pole-Position heraus die Zukunft zu gestalten.

Um einen problemlosen Ablauf während der Veränderungsphasen zu gewährleisten, sollte die Führungsebene auf einige Dinge besonders achten:

• Klare Vorgaben bezüglich der Abgrenzung einzelner Mitarbeiter zu anderen Aufgabengebieten (z.B. Vertrieb und Marketing)

• Klares Verständnis der eigenen Aufgaben und des Rollenverhaltens

• Auf die neuen Arbeitsweisen zugeschnittene Hierarchien

• Eindeutige Verantwortlichkeiten, Kompetenzen und Weisungsbefugnisse

• Transparenz im gesamten Prozess

• Ein Quality-Management für Marketing und Vertrieb

• Regelmäßige Überprüfung des Strukturwandelprozesses

• Einbindung aller Mitarbeiter in den digitalen Verkaufsprozess

• Einbindung aller relevanten Mitarbeiter in die Prozessoptimierung und Förderung der sozialen Kompetenzen

Währen des Digitalisierungsprozesses- zu dem früher oder später jedes Unternehmen gezwungn sein wird- wird die Abgrenzung von Vertrieb und Marketing zunehmend verschwimmen. Der Vertrieb der Zukunft muss sich daher auf Collaboration zwischen den Abteilungen konzentrieren. Doch eine Sache wird sicch nicht ändern: Der direkte Kontakt zwischen Kunde und Verkäufer bleibt- aber nur eben anders!

Die Grenzen zwischen den einzelnen Abteilungen werden fließender, In den letzten 150 Jahren hat der Verkauf einen Wandel vom „Musterreiter“ zu Persönlichkeiten wie Steve Jobs durchlaufen, dessen Grenzen zwischen Verkäufer und Marketer seinerseits ja auch schon sehr fließend waren. Es bleibt also spannend.


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Detlef Persin ist Inhaber des Weiterbildungs- und Consulting-Unternehmens NAOS. Das Institut ist seit 2007 für Unternehmen aus der ITK-Branche und dem öffentlichen Dienst tätig. Persin war über zwei Jahrzehnte in leitenden Managementfunktionen sowie als Mitglied der Geschäftsleitung bei DAX-30-Unternehmen aus der ITK-Branche beschäftigt. Als Certified DiSG-Trainer legt er Wert auf die kaufmännische Machbarkeit und einen nachhaltigen Praxisbezug unter Einbezug des Change Managements. Sein Augenmerk liegt ebenso auf der Unterstützung der Anbieter im Channel Vertrieb sowie des Verkaufs an Endkunden über den indirekten Vertrieb.

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