SMAC ist immer noch da – es dreht sich irgendwie immer noch alles um Social, Mobile, Analytics und die Cloud. Doch es wäre zu einfach, sich nur auf eine Verfeinerung der Megatrends zurückzuziehen. Der Datenschutz im Zeichen der EUDSGVO 2018, insbesondere personenbezogene Daten, erhält großes Gewicht. Ebenso die fortschreitende Automatisierung des Customer Relationship Managements.
Das nächste große Ding, das es von PowerPoint-Präsentationen massenhaft ins echte Leben schaffen wird, ist alles rund um Artificial Intelligence (AI).
Automatisierte, möglichst passgenaue Angebotserstellung auf Basis von massenhaft vorhandenen Vergleichsdaten, Änderung der Produktionsprozesse durch Auswertung der Service-Anfragen, geringerer Betrug durch feinere Analyse von Bestellmustern sind nur einige Anwendungsbereiche der künstlichen Intelligenz im Kundenumfeld. Die BI-Experten jubeln und prophezeien analytic driven predictive ordering – willkommen im Buzzword Bingo der Marketingwelle 4.0.
Denkbar sind auch Configure Price und Quote Systeme (CPQ), die AI zur Unterstützung bei individuellen Offerten einsetzen, um den Vertrieb auf Basis von Wissenserfahrungen zu unterstützen.
Automatisierung auch bei der Mediabuchung
Optimierung der AI geschieht auch durch Nutzung und Analyse anderer Dienste und Erkenntnisräume zur Verbesserung
Damit die künstliche Intelligenz immer besser wird, kommen nach der Sentiment-Analyse online auch noch die Mimik der Kunden ins Visier der Maschinen. Dialoge lassen sich anhand von Tonalität und Wortwahl analysieren, gegenüberstellen und bewerten. So lässt sich via AI mehr Intelligenz in einzelne Anwendungen bringen und der Durchlauf der Prozesse verbessern. Es ist davon auszugehen, dass in den nächsten Jahren so gut wie jede Anwendung oder jeder Service einen gewissen Grad an AI eingebaut hat. Allen gemein ist, dass manuelle menschliche Eingriffe zugunsten von intelligenten Maschinenentscheidungen reduziert werden.
Vielfach werden auch Chatbots oder andere Variationen der Automatisierung für erste Anfragen zu Lösungen propagiert.
Chatbots werden durch AI immer besser und haben das Potenzial, die Kundenerfahrung leichter, schneller und für die Kunden zufriedenstellender zu gestalten. Dabei ändert sich nicht die grundlegende Technologie der Chatbots. Es bleibt eine Baumstruktur, die passende Antworten in korrekter Grammatik liefert. Neu hinzu kommt eine sehr verlässliche Spracherkennung. Am Ende lassen sich mehr Standardanfragen im Call-Center automatisiert beantworten – und die Menschen haben mehr Zeit für die kniffeligen Fragestellungen. Aber nicht alles läuft so rund wie im Labor.
Chatbots – Vielleicht der bessere Weg als die Untermenüs in automatisierten Telefonzentralen
Empathisches CRM und Kundenzentriertheit
Wertschätzung des Kunden bleibt ein wichtiges Differenzierungsmerkmal und in manchen Branchen auch ein Alleinstellungsmerkmal.
Die Anforderungen an eine kundenzentrierte Unternehmung im digitalen Zeitalter sind hoch:
- Permanent dem Kunden zuhören
- Feedback der Kunden hören und umsetzen
- Proaktiv Handeln, um Kundenwünsche zu antizipieren
- Kundenempathie in Prozessen und Regeln zementieren
- Die Privatsphäre der Kunden respektieren
- Systematisch an der Verbesserung der Kundenprozesse arbeiten
- Verantwortlichkeiten zur Verbesserung des Kundenerlebnisses klar definieren
- Schnelle Anpassung an Kundenwünsche und sich ändernde Bedingungen
Dazu braucht es leistungsfähige Social Monitoring Systeme, die durch die Sentiment-Analyse auch Sprache berücksichtigen und im Idealfall auch in begrenztem Umfang in der Lage sind, automatisch zu reagieren. Online-Communities aktiv zu bespielen ist keine neue Empfehlung, aber noch immer nicht durchgängig gut umgesetzt. Auf Basis der gesammelten und analysierten Daten automatisierte Empfehlungen auszusprechen, erfordert leistungsfähige BI-Tools. Prozessagilität geht ohne Cloud nicht. Neben den technologischen Komponenten gilt es, den Kunden nicht aus den Augen zu verlieren und klare Verantwortlichkeiten für den Kundenkontakt zu definieren. Nur so gelangt Empathie in den Prozess. Jemand, der seine verlorene Kreditkarte via Telefon sperren lassen will, kann kaum die Kreditkartennummer als Identifikation nutzen – hier müssen die Prozesse beispielsweise frühzeitig den Stresslevel des Anrufenden runterfahren durch eine intelligente Vorauswahl, die einen schnellen menschlichen Ansprechpartner liefert – und keine Maschine, die unmögliche Angaben verlangt. Empathie braucht Menschen und menschliche, smarte Prozesse.
Die ideale umfangreiche Sicht auf den Kunden, den Tante Emma hatte, mit Hilfe modernster Analysen und Datenbanktechniken umzusetzen, steckt irgendwie noch in der Umsetzungsklemme
Das REAL CRM Gefühl (was braucht man wirklich, was möchte man erreichen, wie begeistere ich meine Kunden und halte sie bei mir über alle Kanäle) will sich nicht über alle Segmente, Größen und Branchen so recht ausdehnen. Das Lippenbekenntnis, den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen, wo er dann auch schon mal im Weg stehen kann, weicht noch nicht der gelebten Realität einer cleveren und empathischen Ausrichtung auf den Kunden mit Möglichkeiten zur Mitgestaltung kundennaher Prozesse.
Das Wissen der Tante Emma (ich weiß was Du magst, was Du für Deine Frau gekauft hast, was Deine Kinder sich wünschen) ist entkrampft von Orwellschen „1984“ Visionen und gelebte menschliche Nähe. Dieses Wissen kann mit Marketingautomatisierung und durchgefeilten Prozessen nur schwerlich authentisch umgesetzt werden. Kommt jedoch ein Mensch als Mittler in den Beratungs- und Kaufprozess, ändert sich oft das Bild zugunsten des Kunden. Es ist dann erfolgreich.
Analyse des BARC zeigt den Stand der Umsetzung in der Praxis
© Jakub Jirsák – Fotolia.com
Herausforderung Omnichannel
Die Gegenbewegungen sind da, aber nur in einigen Branchen signifikant (Reisen, Luxusartikel, Automobil und Foto/Unterhaltungselektronik um nur einige zu nennen). Hybride Ansätze, insbesondere in Randlagen oder ländlichen Gebieten (online aussuchen und vor Ort abholen und bezahlen) haben durchaus Achtungserfolge, müssen sich aber noch intensiver gegen die Onlinehändler durchsetzen.
Aus Verkäufersicht sind deswegen Systeme zur Regalplanung, Marketingerfolgskontrolle und Preisfindung essentiell. Wenn dann noch die personalisierte Werbung beim Kunden aufs Handy kommt, sobald er in der Nähe einer Filiale ist, dort kompetentes Personal und technische Unterstützung erfährt, beispielsweise bezüglich Warenverfügbarkeit, und auch die Personalplanung automatisiert geschieht, steigen auch wieder die Margen und sinken die Abschreibungen. Elektronische Etiketten und Displays im Ladengeschäft sorgen dafür, dass die Online-Marketingaktionen auch stationär umgesetzt werden und führen nicht zu lästigen Diskussionen um den „richtigen“ Preis.
Die Auswahl, welche Werbung erscheint, übernimmt Kollege Computer. Ein selbstlernender Algorithmus verbessert die Treffergenauigkeit permanent, weil er Erfolg oder Misserfolg sofort zurückgespielt bekommt und in die weitere Berechnung mit aufnimmt. Ein weiterer Schritt in die Marketingautomatisierung.
Appell zum wachsamen Handeln und nicht Festhalten an bewährten Mustern
Das sind scheinbar nur kleine Schritte – vielleicht aus technologischer Sicht. Nicht verpassen darf man den Punkt, wenn ein Massenphänomen entsteht. Denn wer zu lange wartet und immer noch nicht wahrhaben will, dass die Kunden via Handy und Tablet einkaufen gehen, den Austausch über soziale Medien zunehmend der Interaktion mit echten Menschen vorziehen und eine Chat-Applikation wie WeChat am chinesischen Neujahrstag mehr Geldtransaktionen verzeichnet als Paypal im gesamten Jahr, wird schneller aus dem Markt gedrängt, als er ahnte.
Als Speaker, Dozent und Autor verschiedener Expertenportale sowie Zeitschriften, hat der Unternehmer und BARC -Analyst den Markt im DACH Raum maßgeblich seit 1999 mitgeprägt.
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